Nationale Tourismusstrategie und Nationale Naturlandschaften?

Meinungsbeitrag von Martin Kaiser, Sprecher der Partner-AG

Am 23. Juni 2021 hat der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung Thomas Bareiß einen Aktionsplan zur Nationalen Tourismusstrategie vorgelegt. Mit diesem Papier wurde ein Meilenstein erreicht, dennoch bleibt dieser Plan hinter der eigentlichen Absicht der Bundesregierung, eine ressortübergreifende Tourismusstrategie inklusive Finanzierung zu erstellen, deutlich zurück. Corona hat den Tourismus als Wirtschaftszweig überproportional betroffen und nun endet auch noch die Legislaturperiode. Es scheint, zumindest ein Papier musste noch her. Im Kapitel „Lebensqualität von und durch nachhaltigen Tourismus steigern“ finden sich auf lediglich einer Seite leider nur Allgemeinplätze, immerhin wird auf das Klimapaket der Bundesregierung verwiesen und die Barrierefreiheit als Thema erwähnt.

Nationale Naturlandschaften – in diesem Kontext leider Fehlanzeige. Nationale Naturlandschaften e. V. hatte versucht, sich inhaltlich in dem Dialogprozess zur Entwicklung der Tourismusstrategie mit Beteiligung an Workshops sowie mit einer Stellungnahme einzubringen. Das hat bisher offenbar nicht gefruchtet.

Darüber hinaus haben zur Unterstützung der Tourismusstrategie 5 Gutachter – übrigens ausschließlich Männer – im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine knapp 250 Seiten umfassende Studie herausgegeben, in der zum Aspekt Nachhaltigkeit mehr Futter steckt. Greifen wir hier die wichtigsten Handlungsempfehlungen heraus:

 

  • Die fünf Weisen stellen fest, dass für die Transparenz nachhaltiger Angebote und die Sensibilisierung der Reisenden eine bundeseinheitliche Kennzeichnung nachhaltiger Angebote auf Basis bestehender Zertifizierungssysteme entscheidend ist, um Nachhaltigkeit zu einem Kriterium der Reiseentscheidung zu machen. Bei dieser nicht gerade neuen Erkenntnis leider kein Hinweis darauf, wie bestehende Systeme stärker harmonisiert und zusammengeführt werden sollen, um die Orientierung für Verbraucher*innen zu erleichtern. Vielleicht erinnern Sie sich – als Dachmarke hatte Viabono genau diesen Anspruch.

 

  • Mehr noch, entlang der gesamten touristischen Wertschöpfungskette sollen für alle Segmente des Tourismus bundesweite gemeinsame Standards für Nachhaltigkeit definiert und durch die Branche umgesetzt werden. Daran soll ein geeignetes Indikatoren- und Monitoringsystem aufgebaut werden, das ermittelt, wie sich Tourismus auf die nachhaltige Entwicklung auswirkt. Eine gute Idee, denn gegenüber Gästen fällt es auch den Partnerinitiativen schwer unter Beweis zu stellen, ob und wieviel unsere Betriebe in Hinblick auf Umwelt- aber auch Serviceaspekte tatsächlich besser sind als die Konkurrenz.

 

  • Ein interessanter Ansatz ist, Nachhaltigkeit als verpflichtendes Kriterium für eine tourismusrelevante Förderung zu etablieren. Damit könnten zertifizierte Unternehmen durch ihr Engagement in Sachen Nachhaltigkeit für die Gewährung von Fördermitteln bevorzugt werden. Wichtig sind hierbei klare Kriterien, um Förderanträge mit Greenwashing herauszufiltern.

 

  • Damit in Zusammenhang steht, Initiativen zur Umwelt- und Klimafreundlichkeit sowie zum Erhalt der Artenvielfalt weiter zu fördern. Besonders hier können sich die Partnerinitiativen wiederfinden. Es sollte dabei aber um mehr gehen, als auf zahlreichen Workshops wie gewohnt „Best practice“ auszutauschen: Damit Kund*innen für mehr Nachhaltigkeit beim Reisen überzeugt werden, muss das Thema in Sachen Kommunikation und Marketing raus aus der Öko- oder Expert*innenecke. Das erfordert engagierte Menschen, echt gute Ideen und genügend Budget.

 

Angesichts der großen Veränderungen in den letzten Jahren im Bereich Tourismus, die sich auch unmittelbar auf unsere Nationalen Naturlandschaften auswirken, wären ambitionierte Maßnahmen wünschenswert gewesen. Die gute Nachricht zum Schluss: Vielleicht kann das neugegründete Kompetenzzentrum Tourismus des Bundes unterstützen. https://www.kompetenzzentrum-tourismus.de/